Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt (genannt „Lori“) war einer der bedeutendsten norddeutschen Landeshistoriker. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er von 1969 bis 1974 Geschichte, Soziologie, Ethnologie sowie Ur- und Frühgeschichte an der Universität Hamburg. Dort legte er 1974 die Magisterprüfung ab. 1979 wurde er mit einer Studie zur Sozial- und Wirtschaftsstruktur schleswig-holsteinischer Landstände zwischen 1500 und 1550 zum Dr. phil. promoviert. Er falsifizierte darin das von der DDR-Geschichtswissenschaft aufgestellte Konzept der frühbürgerlichen Revolution, mit dem er sich intensiv auseinandergesetzt hatte. Beruflich besaß Lorenzen-Schmidt von 1979 bis 1987 befristete Arbeitsverträge an der Universitätsbibliothek Kiel, am Archiv der Hansestadt Lübeck, am Lehrstuhl für Geschichte der Universität Oldenburg, bei der Hamburger Kulturbehörde und am Staatsarchiv Hamburg. Er erstellte u.a. das Gesamtinventar der Akten des Oberappellationsgerichtes der vier Freien Städte Deutschlands. In Hamburg absolvierte er von 1987 bis 1989 das Archivreferendariat und war seitdem als Archivrat, seit 1991 als Oberarchivrat bis zu seiner Pensionierung Ende 2013 tätig. Archivisch sind neben den zahlreichen Beratungen und Auskünften die enormen Erschließungsleistungen, gerade von umfangreichen Beständen, zu nennen, die er gemeinsam mit Ulf Bollmann bewältigte. Historisch engagierte er sich kontinuierlich für seinen jeweiligen Lebensmittelpunkt: In seiner Geburtsstadt Elmshorn war er an der Neueinrichtung des Heimatmuseums beteiligt und wurde 1983 durch die Wanderausstellung „Bei uns 1933-1945“ weit bekannt. Von 1974 bis 2007 lebte er im Kreis Steinburg, verfasste zahlreiche Ortsgeschichten, Editionen und eine große Zahl von Artikeln. Darüber hinaus trug er regelmäßig in genealogischen und heimatkundlichen Vereinen vor, auch in plattdeutscher Sprache. Schon seit Anfang der siebziger Jahre engagierte sich Lorenzen-Schmidt auch politisch auf verschiedenen Ebenen, u.a. gegen das Atomkraftwerk in Brokdorf, wobei er für Flugblätter verantwortlich zeichnete. Ab Mitte der neunziger Jahre verlagerte er seinen Schwerpunkt auf Mecklenburg und vor allem Rostock, wo er sich für die Geschichtswerkstatt und die Zeitschrift „Zeitgeschichte regional“ einsetzte, zahlreiche Beiträge für Lexika verfasste und an Arbeitseinsätzen des Verschönerungsvereins teilnahm. Die Vermittlung historischen Wissens, vor allem von Quellen und ihrer Auswertung prägte seine Vorträge wie auch seine Lehrtätigkeit von 1985/86 und kontinuierlich von 1992 bis 2013/14 an der Universität Hamburg. Lorenzen-Schmidt veröffentlichte eine immense Zahl von Texten zur Stadt-, Agrar-, Sozial und Wirtschaftsgeschichte Norddeutschlands vom Mittelalter bis zur Gegenwart: Seit 1979 verfasste er durchschnittlich pro Monat einen Aufsatz und jedes zweite Jahr ein Buch. Von 1979 bis 1989 redigierte er die Zeitschrift Archiv für Agrargeschichte der holsteinischen Elbmarschen, Zusammen mit Ortwin Pelć gab er 2000 und in erweiterter Auflage 2006 das Schleswig-Holstein-Lexikon heraus, für das er selbst 535 Artikel verfasste. Für Lehre und Forschung bedeutsam sind seine Lexika alter schleswig-holsteinischer Gewichte, Maße und Währungseinheiten sowie der historischen Berufe. Seit 2000 baute er eine Datenbank zur Prosopographie des gesamten vorreformatorischen Klerus in Schleswig-Holstein auf. 2012 entwarf er noch eine arbeitsteilige Gesamtdarstellung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte dieses Landes. Um die Erforschung der Lokal- und Regionalgeschichte zu fördern, engagierte Lorenzen-Schmidt sich in entsprechende Organisationen: 1978 begründete er nach zwei Jahren der Vorbereitung im Kieler Gesprächskreis den Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins mit, den er bis 1986 leitete und für den er von 1989 bis 2013 als Sprecher fungierte. Er gab von 1978 bis 1986 dessen Rundbriefe sowie etliche Sammelbände heraus. Von 1978 bis 1994 gehörte er dem Beirat der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte an. 1983 regte er die Gründung des Arbeitskreises zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein an. Er engagierte sich im 1984 gegründeten Beirat für Geschichte und gab von 1986 bis 1997 die ersten zehn Ausgaben des Jahrbuchs Demokratische Geschichte mit heraus, an dessen Konzeptionierung er beteiligt war. 2014 wurde er Ehrenvorsitzender der Glückstädter Detlefsen-Gesellschaft, die er von 1996 bis 2013 geleitet und deren Vorträge er von 1998 bis 2012 herausgegeben hatte. Sein Ziel war die Öffnung der Schleswig-Holsteinischen Landesgeschichte für eine moderne Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Dabei hatte er auch eine übergreifende Perspektive im Blick, wie sich in der Herausgabe der Mitteilungsblätter des deutschen Arbeitskreises für Agrargeschichte (1997-2000) und der internationalen Vereinigung zur Erforschung bäuerlicher Schreibebücher (1989-1992 und 1996-2005) zeigte. |